Vom Aufgeben der eitlen Lebensweise
…Gott gehört allen, die es wollen; Er ist das Leben
aller, die Rettung aller, Gläubiger und Ungläubiger, Gerechter und Ungerechter,
Frommer und Gottloser, Leidenschaftsloser und Leidenschaftlicher, von Mönchen
und Weltlichen, Gebildeten und Ungebildeten, Gesunden und Kranken, Jungen und
Alten. So wie da Licht sich auf alle ausgießt, der Anblick der Sonne und der
Wechsel der Jahreszeigen (für alle gilt) und anders ist es nicht! Denn „bei
Gott gibt es keine Bevorzugung der Person“ (Röm. 2, 11)
Der Gottlose ist ein vernunftbegabtes, sterbliches Wesen,
das freiwillig dem Leben und dem eigenen Schöpfer, dem ewig Seienden, ausweicht
und Ihn für nicht seiend hält.
Der Gesetzesbrecher ist jemand, der das Gesetz Gottes
nach eigenem Gutdünken auslegt und überzeugt ist, trotz seiner Gott
entgegengesetzten Wahl zu glauben.
Der Christ ist eine Nachahmung Christi, soweit dies einem
Menschen möglich ist, welcher in Wort und Tat und Gesinnung an die Heilige
Dreiheit recht und untadelig glaubt.
Gottliebend ist, wer teilhat an allem, was natürlich und
sündenfrei ist und das in seiner Macht stehende Gute nicht vernachlässigt.
Enthaltsam ist,
wer inmitten von Versuchungen, Fallen und Unruhen mit aller Kraft eifert, die
Gewohnheiten der von der Unruhe Befreiten nachzuahmen...
…Alle, die die Dinge des Lebens freiwillig zurückließen,
taten dies jedenfalls entweder wegen des zukünftigen Königreiches oder wegen
der Vielzahl ihrer Sünden oder aus Liebe zu Gott. Ging ihnen dagegen keiner der
genannten Beweggründe voraus, handelten sie wider die Vernunft. Unser guter
Kampfrichter jedoch wartet das Ende des Wettkampfes ab…
…Wer seine Entsagung aus Angst begann, gleicht
verbrennendem Räucherwerk. Es beginnt mit einem angenehmen Duft und endet im
Rauch. Wer dagegen seine Entsagung mit der Hoffnung auf Lohn machte, gerät zu
einem sich ewig auf der Stele drehenden Mühlstein. Wer aber angetrieben von der
Liebe zu Gott aufbrach, erhält gleich zu Beginn die Flamme, die, wenn sie ins
Holz geworfen wird, das Feuer nur noch heftiger entflammen lässt.
Manche bauen auf Steinen mit Ziegeln, andere errichten
auf der Erde Säulen und es gibt andere, die ein wenig schreiten und, wenn sich
ihre Sehnen und Gelenke etwas erwärmen, schneller marschieren. Wer Einsicht hat,
wird dieses symbolische Wort verstehen...
…Wir wollen den Herrn lieben und ihn so ehren, wie wir
unsere Freunde ehren! Oft sah ich, wie manche, die Gott betrübt hatten, sich
keineswegs darüber sorgten. Als sie dagegen die von ihnen geliebten Personen
einer Kleinigkeit wegen verbitterten, setzen sie alles daran, jede List, jede
Überlegung, jedes Drängen und Bekennen, durch sich selbst wie durch Freunde und
Geschenke, sie zu ihrer ersten Liebe umzustimmen…
…Einige von denen, die unbesorgt in der Welt vor sich
hinleben, sprachen zu mir:“Wie können wir, die wir mit unseren Partnern
zusammenleben und in gesellschaftliche Verpflichtungen eingebunden sind, der
Lebensweise der Mönche nachgehen?“ Ich antworte ihnen:“Alles was ihr Gutes tun
könnte, das tut! Beschimpft niemanden, bestehlt niemanden, belügt niemanden,
werdet niemandem gegenüber hochmütig, hasst niemanden, versäumt nicht die
Versammlungen der Kirche, habt Mitleid mit den Bedürftigen, gebt niemanden
Anstoß, nähert euch nicht fremdem Eigentum und beschränkt euch auf die
Beziehung mit euren Frauen! Haltet ihr dies alles ein, seid ihr nicht weit von
Königreich der Himmel!“
… Vor allem müssen diejenigen, die Christus ehrlich
dienen wollen, nach diesem suchen und handeln: die ihnen angemessenen Orte,
Methoden, Lebensformen und Beschäftigungen mit Hilfe geistlicher Väter und
eigener Erkenntnis auswählen. Denn nicht alle
eignen sich fürs Kloster wegen ihrer Schwäche für ausgewählte Speisen,
noch alle für die ruhige Einsiedelei wegen ihres Jähzorns. Jeder überlege aber;
wo seine Schwächen liegen!
Heiliger Johannes vom Sinai
(aus „Klimax oder die Himmelsleiter“, übersetzt von Mönch
Georgios Makedos, St.Katharinen Kloster und Erzbistum des Sinai, Berg –Sinai– Stiftung,
Athen 2000)
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