Montag, 8. Juli 2013

Heiliger Alexander von München – der Neumärtyrer



Inmitten des Nazismus ein orthodoxes Licht

Am 4.Februar 2012 fand in der Münchner Kathedralkirche in der Nähe des Friedhofs am Perlacher Forst, wo sich das Grab Alexander Schmorell befindet,  der Festakt der Heiligsprechung von Alexander Schmorell durch die Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland statt, die später auch von der offiziellen Russischen Kirche anerkannt wurde. Der Gedenktag des heiligen Alexander von München in der Liturgie ist der 13.July.
Wie auch in anderen Städten Deutschland (Rostock, Grünwald, Bad Oeynhausen, Dormagen und Kassel) wurden gleichfalls in München Schulen, Plätze und Straßen sowohl nach ihm, als auch nach den anderen Mitgliedern der Gruppe Weiße Rose  Studenten mit einem starken christlichen Glauben, die es wagten,  dem Ungeheuer des Nazismus, dem Führer der NSDAP Widerstand zu leisten und deshalb zum Tode verurteilt wurden, benannt.
Alexander Schmorell wurde am 16.September 1917 im Russischen Orenburg geboren. Sein Vater, ein deutscher angesehener Arzt namens  Dr. Hugo Schmorell und seine Mutter, Natalia Vvedenskaja, eine Russische Volkswirtschaftsstudentin und Tochter eines orthodoxen Priesters, tauften ihr Kind christlich-orthodox.
Als Alexander zwei Jahre alt ist, stirbt seine Mutter im Bürgerkrieg an Typhus. Der Vater ist  in Gedenken an seine Frau darum bemüht, sein Kind orthodox aufwachsen zu lassen, wozu er die Russische Kinderfrau Feodosija Lapschina (Rufname Nanny), eine überaus herzliche und fromme Russin, ins Haus holt, während er selbst wiederheiratet , nämlich Elisabeth, eine katholische Deutsche, die aber aus Tradition die Russischen Sitten pflegt.
 Alexander bekommt später noch zwei weitere Geschwister, mit denen er, ebenso wie mit seiner Stiefmutter in einem sehr herzlichen Verhältnis steht. Nach der Besetzung des Landes durch das kommunistische Regime ist die Familie gezwungen, auszuwandern. Alexander ist gerade vier Jahre alt, als die Eltern nach München umsiedeln, wohin sie auch die Gouvernante Nanny mitnehmen, die sehr an der Familie hängt und unentbehrlich ist. Dort geht Alexander in die öffentliche Schule, aber sein geistiges Leben führte er in der Russischen orthodoxen Kirche in München fort, die er innerlich immer mit dem Bild seiner Mutter verbindet.
Der Zweite Weltkrieg bricht aus, als Alexander schon Medizin studiert und so muss er der deutschen Wehrmacht in der Tschechoslowakei und später in Frankreich gemeinsam mit seinem Freund Hans Scholl, ebenfalls Medizinstudent dienen. Zusammen schaffen sie es immer wieder, trotz des militärischen Drill,  das sture Kasernendasein auf den Kopf zu stellen und Alexander erweist sich als großherziger Charakter voll Freiheit und Freude, der jedoch in vielen Momenten einen ebenso tiefen Ernst und eine innige Suche nach der Wahrheit zum Vorschein bringen konnte.
 









„ Ich kam vom Regen in die Traufe“ beschrieb Alexander ihre Umsiedlung aus dem Revolutionären Russland ins Nazistische München. Er betonte immer wieder, dass sowohl das Stalin-, als auch das Hitler-Regime antichristlich waren und die gleiche böse Wurzel hatten.
Nach den Erfahrungen an der Front, wo Alexander Schmorell, Hans Scholl und Willi Graf Zeugen von Massenmorden in Polen und dem Unglück im Warschauer Ghetto werden, beschließt der Neumärtyrer  im Juni 1942, dass Gespräche allein nicht mehr reichen, sondern Tatkraft von Nöten ist. Laut Zeugenberichten nimmt Alexander die Initiative in die Hand und gemeinsam mit Hans Scholl verfassen sie die ersten vier Flugblätter, die anonym per Post verteilt werden.
Die Widerstandsbewegung wurde Weiße Rose genannt – ein Name aus Alexanders Lieblingsbuch „ Brüder Karamasow “ von Dostojewski, der einen Moment beschreibt, in dem ein Mädchen von Jesus Christus wieder zum Leben erweckt wird und das bei seiner Auferstehung einen Strauß weißer Rosen in der Hand hält. 
Später kamen auch der Medizinstudent Christoph Probst, mit dem Alexander eine alte Freundschaft aus der Schule verband, sowie die Schwester von Hans, Sophia Magdalena Scholl, Biologie- und Philosophiestudentin und Willi Graf, ebenfalls Medizinstudent, zu ihrer Widerstandsbewegung Weiße Rose hinzu.
Aus den Dokumenten der Augenzeugen dieser Zeit ist ersichtlich, dass ein tiefer Glaube die befreundeten Studenten dazu führte, Widerstand zu leisten. Alexander Schmorell, der laut Inge Scholl, der Schwester von Hans und Sophia,  den Widerstand in Gang brachte ,war durch seine künstlerischen Fähigkeiten – er war außerdem ein begabter Zeichner -  und geistigen Ambitionen die treibende, geistige  Kraft der Gruppe und inspirierte  sie mit Geschichten und Versen voll Liebe zur Wahrheit  aus dem christlich-orthodoxen Russland.
Sie versammelten sich zunächst im Haus von Alexanders Eltern, dann bei Hans zu Hause, um sich gegenseitig Gedichte vorzulesen, aus denen sie Teile für ihre Flugblätter verwendeten,  oder um Bibeltexte zu lesen, die ihnen Kraft gaben. Alexander war in der Lage, ihnen den zarten Schatz des orthodoxen Glaubens zu öffnen und als Antwort auf seine liebevolle Kraft begannen die anderen der Gruppe, Russisch zu lernen. Er hatte einen Frohsinn und eine Freiheitsliebe, die ihnen Auftrieb gab und  jeden Zweifel am Glauben aus der Welt schaffte. „Wenn Alexander lachte, ging die Sonne auf“, sagten seine Freunde.
Beide, Hans und Sophie, wuchsen mit einem starken christlichen Glauben an Gott auf, dabei war es aber Alexander, der sie mit seiner innigen  Liebe zu Jesus im Herzen ermutigte, ihnen mit seinen Fürbitten an die Jungfrau Maria und an die Heiligen der orthodoxen Kirche zur Zivilcourage und ausschließlicher Liebe zur Wahrheit verhalf.
Sein tief verwurzelter Glaube, den Alexander in sich trug und an alle um sich herum ausstrahlte, half ihnen, ihre eigene Überzeugung, dass sie für alles, was sie handelten und glaubten, vor Gott Rechenschaft ablegen würden, nie zu verraten. So erbarmte sich Gott ihrer und gab ihnen die Kraft, frei vor der GESTAPO und später dem Nazistischen Gericht zu gestehen,  dass sie tatsächlich  planten, einen Staat zu bekämpfen, der mit dem  christlichen Glauben unvereinbar war.
Alexander und Hans begannen den Widerstand, als die SS die behinderten Kinder aus den Anstalten einsammelten, um sie hinzurichten oder zu vergasen. Die weiße Rose photokopierte antifaschistische Gedichte mit dem Aufruf an das deutsche Volk zum Widerstand. Die ersten vier Flugblätter wurden von Alexander und Hans von Mai bis Juli 1942 erstellt und an verschiedene Adressen in Bayern und Österreich geschickt.
Als die ersten Flugblätter auch an der Uni München auftauchten und dort von Hand zu Hand gingen – ein Aufruf an jeden Bürger, die Verantwortung gegen die dunklen Mächte einer Tyrannenclique zu übernehmen und passiven Widerstand zu leisten, um die Weiterführung dieser atheistischen Kriegsmaschine zu stoppen – reagierten die Studenten mit einer seltsamen Unruhe, so etwas wie einem begeisterten Triumph, durch den sich allerdings auch hier und dort eine wütende Ablehnung mischte.
Ende Juli 1942 dient Alexander als Sanitätsfeldwebel im Russlandfeldzug, dem soggennannten „Unternehmen Barbarossa “ gemeinsam mit Hans Scholl und Willy Graf, von wo er mit einem tieferen Verständnis seiner Heimat zurückkehrt.
 Nach seiner Rückkehr am 30.Oktober nach München zu seinem Medizinstudium kommt Alexander in Kontakt mit anderen Widerstandsorganisationen in Berlin und die weiße Rose verfasst das 5. Flugblatt mit einer Auflage von 6000 bis 9000 Stück, das an der Universität und in die Briefkästen in bestimmten Städten Deutschlands sowie Österreichs und Englands verteilt wird.
Ende Januar 1943 entfachte sich nach der Schlacht von Stalingrad eine Studentendemonstration gegen den Krieg und zu diesem Anlass verfasste Kurt Huber, Sophias Philosophieprofessor an der Uni München, in dessen beliebten Vorlesungen auch Mediziner erschienen und der inzwischen auch zur weißen Rose gehörte,  das 6. Flugblatt, das in den Häusern Münchens verteilt wurde. Am 18. Februar nehmen die Geschwister Sophie und Hans Scholl die übriggebliebenen Flugblätter an die Universität München mit, wo sie der Hausmeister Jakob Schmid bei der Verteilung in der Aula beobachtet und die SS benachrichtigt. Die Jugendlichen werden – auf frischer Tat ertappt – verhaftet und zur GESTAPO geführt. Anschließend wird auch Christoph Probst verhaftet, während Alexander Schmorell der Verhaftung noch entgeht.
Wenige Tage später, am 22.Februar, findet die Gerichtsverhandlung statt und die drei Studenten werden vom Volksgerichtshof durch den Richter Roland Freiser wegen Hochverrat zum Tode durch das Fallbeil verurteilt.
Hans Scholl, 25 Jahre, Sophia Magdalena Scholl, 22 Jahre und Christoph Probst, 24 Jahre wurden am 22. Februar 1943, noch am selben Tage der Gerichtsverhandlung hingerichtet.
Alexander, der von der Verurteilung und Hinrichtung seiner Freunde noch nichts wusste,  wird am 24.Februar in einem Münchner Luftschutzbunker wiedererkannt, denunziert und verhaftet und am 19.April in der zweiten Gerichtsverhandlung, ebenfalls durch den Richter Roland Freisler, gemeinsam mit Willy Graf und dem Professor Kurt Huber wegen Hochverrat zum Tode durch das Fallbeil verurteilt.
Der Neumärtyrer Alexander Schmorell, 25 Jahre, Kurt Huber, 50 Jahre und Wilhelm Graf, 25 Jahre, wurden am 13. Juli 1943 hingerichtet.


















Brief des heiligen Alexander aus dem Gefängnis in Stadelheim an seine Eltern:
Er zitiert in einem Brief an die Eltern den hl. Theodor Studites: „Darum habe ich Gott ob dem Unglück gedankt und mich völlig unter die unerforschlichen Gerichte seiner Vorsehung gebeugt, die [er] schon vor Grundlegung der Welt, Zeit und Ort des Todes für jeden Menschen in zuträglicher Weise vorausgesehen hat.“ (18.06.1943). Mit diesen Worten des Heiligen Theodor bekräftigte Alexander das, was er bereits von sich aus an die Eltern geschrieben hat: „Gott lenkt alle Dinge so, wie er es will, und wie es zu unserem Besten ist, wir müssen uns immer nur voller Vertrauen in seine Arme geben – er wird uns dann niemals verlassen, immer helfen und trösten.“ (05.06.1943).
Auszüge aus den letzten Briefen  des heiligen Alexanders an seine Schwester Natascha und an seine Eltern kurz vor der Hinrichtung:
 „Du wirst Dich vielleicht wundern, wenn ich Dir schreibe, dass ich innerlich von Tag zu Tag ruhiger werde, ja sogar froh und fröhlich, dass meine Stimmung meistens besser ist, als sie es früher in der Freiheit war! Woher das kommt? Das will ich Dir gleich erzählen: ich Dieses ganze harte ‚Unglück‘ war notwendig, um mich auf den wahren Weg zu bringen – deshalb war es eigentlich gar kein Unglück. Vor allem bin ich froh und danke Gott dafür, dass es mir gegeben war, diesen Fingerzeig Gottes zu verstehen und dadurch auf den rechten Weg zu gelangen. Denn was wusste ich bisher vom Glauben, vom wahren tiefen Glauben, von der Wahrheit, der letzten und einzigen, von Gott? Sehr wenig! – Jetzt aber bin ich soweit, dass ich auch in meiner jetzigen Lage, froh und ruhig, zuversichtlich bin – mag, was da wolle. Ich hoffe, dass auch Ihr eine ähnliche Entwicklung durchgemacht habt und das Ihr mit mir zusammen nach den tiefen Schmerzen der Trennung auf dem Standpunkt angelangt seid, wo Ihr für alles Gott dankt.“ (02.07.1943)

„Meine lieben Vater und Mutter!
Nun hat es doch nicht anders sein sollen und nach dem Willen Gottes soll ich heute mein irdisches Leben abschließen, um in ein anderes einzugehen, das niemals enden wird und in dem wir uns alle wieder treffen werden. Dies Wiedersehen sei Euer Trost und Eure Hoffnung. Für Euch ist dieser Schlag leider schwerer als für mich, denn ich gehe hinüber in dem Bewusstsein, meiner tiefen Überzeugung und der Wahrheit gedient zu haben. Dies alles lässt mich mit ruhigem Gewissen der nahen Todesstunde entgegensehen. Denkt an die Millionen von jungen Menschen, die draußen im Felde ihr Leben lassen – ihr Los ist auch das meinige. Grüßt alle meine lieben Bekannten herzlichst! Besonders aber Natascha, Erich, Njanja, Tante Toni, Maria, Aljonuschka und Andrey.
In wenigen Stunden werde ich im besseren Leben sein, bei meiner Mutter und ich werde Euch nicht vergessen, werde bei Gott um Trost und Ruhe für Euch bitten. Und werde auf Euch warten! Eins vor allem lege ich Euch ans Herz: Vergesst Gott nicht !!!
Euer Schurik.“
Auszug aus dem 4. Flugblatt der Weißen Rose
„Wer hat die Toten gezählt, Hitler oder Goebbels - wohl keiner von beiden. Täglich fallen in Russland Tausende. Es ist die Zeit der Ernte, und der Schnitter fährt mit vollem Zug in die reife Saat. Die Trauer kehrt ein in die Hütten der Heimat und niemand ist da, der die Tränen der Mütter trocknet, Hitler aber belügt die, deren teuerstes Gut er geraubt und in den sinnlosen Tod getrieben hat. 

Jedes Wort, das aus Hitlers Munde kommt, ist Lüge. Wenn er Frieden sagt, meint er den Krieg, und wenn er in frevelhaftester Weise den Namen des Allmächtigen nennt, meint er die Macht des Bösen, den gefallenen Engel, den Satan. Sein Mund ist der stinkende Rachen der Hölle, und seine Macht ist im Grunde verworfen. Wohl muss man mit rationalen Mitteln den Kampf wider den nationalsozialistischen Terrorstaat führen; wer aber heute noch an der realen Existenz der dämonischen Mächte zweifelt, hat den metaphysischen Hintergrund dieses Krieges bei weitem nicht begriffen. Hinter dem Konkreten, hinter dem sinnlich Wahrnehmbaren, hinter allen sachlichen, logischen Überlegungen steht das Irrationale, d. i. der Kampf wider den Dämon, wider den Boten des Antichrists. 

Überall und zu allen Zeiten haben die Dämonen im Dunkeln gelauert auf die Stunde, da der Mensch schwach wird, da er seine ihm von Gott auf Freiheit gegründete Stellung im ordo eigenmächtig verlässt, da er dem Druck des Bösen nachgibt, sich von den Mächten höherer Ordnung loslöst und so, nachdem er den ersten Schritt freiwillig getan, zum zweiten und dritten und immer mehr getrieben wird mit rasend steigender Geschwindigkeit - überall und zu allen Zeiten der höchsten Not sind Menschen aufgestanden, Propheten, Heilige, die ihre Freiheit gewahrt hatten, die auf den Einzigen Gott hinwiesen und mit seiner Hilfe das Volk zur Umkehr mahnten. Wohl ist der Mensch frei, aber er ist wehrlos wider das Böse ohne den wahren Gott, er ist wie ein Schiff ohne Ruder, dem Sturme preisgegeben, wie ein Säugling ohne Mutter, wie eine Wolke, die sich auflöst. 

Gibt es, so frage ich Dich, der Du ein Christ bist, gibt es in diesem Ringen um die Erhaltung Deiner höchsten Güter ein Zögern, ein Spiel mit Intrigen, ein Hinausschieben der Entscheidung in der Hoffnung, dass ein anderer die Waffen erhebt, um Dich zu verteidigen? Hat Dir nicht Gott selbst die Kraft und den Mut gegeben zu kämpfen? Wir müssen das Böse dort angreifen, wo es am mächtigsten ist, und es ist am mächtigsten in der Macht Hitlers. 

’Ich wandte mich und sah an alles Unrecht, das geschah unter der Sonne; und siehe, da waren Tränen derer, so Unrecht litten und hatten keinen Tröster; und die ihnen Unrecht taten, waren so mächtig, dass sie keinen Tröster haben konnten. Da lobte ich die Toten, die schon gestorben waren, mehr denn die Lebendigen, die noch das Leben hatten...’ (Sprüche)“ (Spr 4, 1-2).

 Quellen – Literatur
Inge Scholl, die Weiße Rose, Fischer Verlag
www.sobor.de Kathedrale der hl. Neumärtyrer und Bekenner Russlands in München
Christiane Moll, Alexander Schmorell, Christoph Probst: Gesammelte Briefe, Lukas-Verlag, Berlin 2011. Eine biographische Einführung S. 23 – 280
Eine Biographie in Russischen Sprache: Igor Chramov, die Russische Seele der „weißen Rose“, Orenburg 2001

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